Premiere-Verträge jetzt kündbar?
Beliebige Leistungs- und Preisänderungen in laufenden Verträgen des Bezahlsenders Premiere sind unzulässig!!! Das Landgericht München I hat nun mehrere Passagen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam erklärt. Premiere hatte sich vorbehalten, seine Leistungen und Preise beliebig zu ändern, ohne jedoch die Belange der Verbraucher zu berücksichtigen. Ferner hat der Sender seinen Kunden häufig ein Sonderkündigungsrecht vorenthalten. Das Urteil ist besonders brisant, nachdem Premiere ja bekanntermaßen bei der Vergabe der Senderechte für die Fußball-Bundesliga leer ausgegangen ist. Eigentlich sollte der Sender ja ohnehin schon längst pleite sein, bei dem Schuldenberg, wie Premiere dies OHNE Bundesliga in den Griff bekommen möchte ist schleierhaft.
Das Landgericht folgte übrigens der Auffassung des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes (vzbv) und untersagte in einer jetzt veröffentlichten noch nicht rechtskräftigen Entscheidung (Aktenzeichen 12 O 17192/05) die Verwendung der angegriffenen Bedingungen.
Dies betrifft eine Klausel, mit der sich Premiere vorbehält, das Programmangebot, die einzelnen Kanäle, deren Nutzung und die Zusammensetzung der Programmpakete "zum Vorteil des Abonnenten zu ergänzen, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu ergänzen". Nach Ansicht der Kammer handelt es sich um einen unwirksamen Leistungsänderungsvorbehalt zugunsten des Anbieters, da nicht hinreichend auf die Zumutbarkeit einer Änderung für den Kunden abgestellt werde. Was ein "Vorteil" für den Kunden sei, sei nicht ausreichend bestimmt, das klingt fast schon politisch, zumindest nach Wahlversprechen. Demgegenüber sei zu berücksichtigen, dass der Kunde aus einem umfangreichen Angebot von Kanälen und Programmpaketen ein spezifisches Leistungspaket wählt. Dieser Entscheidung kommt daher eine besondere Bedeutung zu, die bei der vorbehaltenen Beliebigkeit der Leistungsänderungsklausel nicht berücksichtigt wird.
Weiterhin darf auch die Klausel nicht mehr verwendet werden, nach der eine einmalige jährliche Preiserhöhung erfolgen kann, wenn sich die Kosten der Bereitstellung des Programms erhöhen. Die Klausel sah vor, dass die Preiserhöhung drei Monate im Voraus angekündigt werden muss und der Abonnent berechtigt ist, zu kündigen, wenn die Erhöhung mehr als 5% ausmacht. Die Klausel gebe die Voraussetzungen der Erhöhung nicht genügend konkret an. Gleichzeitig sei die Preiserhöhung für die Kunden nicht kalkulierbar. Nachdem die Premiere-Werbung gerade auf das Angebot eines bestimmten Leistungspaketes für einen bestimmten Preis abziele, müsse der Preis für die Kunden grundsätzlich fest bleiben.
Unwirksam sind laut Gericht auch die Klausel, nach der sich Premiere vorbehält, bei Änderungen und Umstrukturierungen des Programmangebots die Beiträge zu ändern, und eine weitere Klausel, nach der der Kunde bei Zustimmung zu einer Leistungsänderung wegen einer Anpassung der Preisstruktur nicht mehr kündigen darf.
Sämtliche dieser aufgeführten Klauseln darf Premiere für den Fall, dass das Urteil rechtskräftig wird, nicht mehr verwenden und sich in bestehenden Verträgen darauf nicht mehr berufen. Für den Fall einer Zuwiderhandlung wurden Ordnungsmittel (Ordnungsgeld oder Ordnungshaft) angedroht.
"Das Urteil stärkt die Rechtsstellung der Verbraucher, die sich von ihrem Vertrag lösen wollen, sollte Premiere in der kommenden Saison keine Fußball-Bundesliga mehr übertragen", kommentiert zumindest Patrick von Braunmühl, Leiter des Fachbereichs Wirtschaftsfragen beim vzbv. Die klaren Worte des Gerichts, etwa dass bei der Abwägung "dem Interesse des Kunden an der versprochenen Leistung grundsätzlich der Vorrang gebührt", untermauern die Position des Verbraucherverbandes, dass Premiere den Kunden mit der Komponente "Premiere Fußball Live" zumindest ein Kündigungsrecht gewähren muss, wenn der Sender seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllen kann. "Nach dem Vertrag schuldet Premiere gerade bei laufenden Vereinbarungen die Übertragung der Fußball-Bundesliga auch in der kommenden Saison", so von Braunmühl. Unzulässig wäre es dann, die Kunden im Falle der Nichterfüllung an den Vertrag zu binden.
Der vzbv fordert Premiere auf, eintreffende Kündigungen verbraucherfreundlich abzuwickeln und die Kunden aus dem Vertrag zu entlassen.
Eine Stellungnahme von Premiere steht noch aus.
Quelle: http://www.heise.de