02.12.06 (4:17)
Nachdem die Würfel gefallen sind, wird sich das bisherige Kanotix im kommenden Jahr stark verändern. Kannten wir es bisher als ein Betriebssystem, das eine breite Unterstützung aktuellster Hardware bot, vereint mit den Ergebnissen der neuesten Linux-Software-Entwicklungen und einem umfassenden persönlichen und kostenfreien, auf Spenden basierenden Support, so ist das alles nun Schnee von Gestern.
Kanotix wird - wenn alles glatt und nach Wunsch der verbliebenen Mitglieder des Kanotix-Teams um Kano herum geht - zu einem System, mit dem hauptsächlich Firmenkunden angesprochen werden sollen. Entsprechend wird der Support für die Einrichtung und bei auftetenden Problemen aller Voraussicht nach kostenpflichtig sein.
Die wichtigste Änderung wird jedoch die Betriebssystembasis betreffen: Das neue Kanotix wird nicht mehr auf Debian-Sid fußen, sondern auf einer leichter zu pflegenden, sich nicht so rasch wandelnden Grundlage aufbauen. In Frage kommen Ubuntu (Edgy) sowie Debian (Etch). Als Konsequenz daraus müssen sich künftige Nutzer mit aktueller Hardware darauf einrichten, daß ihre Systeme - wie bei zahlreichen anderen Linux-Distributionen auch - zunächst nicht mehr von Kanotix unterstützt werden, da die nötigen Treiber noch nicht (außerhalb von Sid) verfügbar sind. Hier muß man klar erkennen: Bei einer Ausrichtung auf Geschäftskunden ist es für ein Betriebssystem unwesentlich, ob nun vielleicht hundert oder fünfhundert private Nutzer in die Röhre gucken, weil ihre Hardware nicht (mehr) damit funktioniert, oder ob die verfügbare Linux-Software nicht dem aktuellsten Stand entspricht, der sich mit Windows messen kann, was Nutzungskomfort und Bedienungsfreundlichkeit betrifft, ja den Platzhirsch aus Redmond in vielen Punkten sogar übertrifft. Das alles ist Kanotix ab dem nächsten Jahr also nicht mehr.
Dennoch wird es sicher wieder ein großer Wurf, den Jörg Schirottke ("Kano") vollbringt. Man darf gespannt sein, was er aus den etwas angestaubten Testing-Repositories der Distribution zu machen versteht, die er sich als neue Unterlage für Kanotix auswählen wird. Ein bischen frischer Wind tut diesen Linux-Varianten sicherlich gut.
Die interessanteste Frage aber lautet: Was machen die Entwickler, die zusammen mit Stefan Lippers-Hollman das Kanotix-Team verlassen haben? Die spannende Antwort darauf lautet Sidux. Unter diesem Namen führen sie die alten Tugenden von Kanotix mit Debian-Sid in eine neue Zukunft. Natürlich ist diese Distribution im Augenblick noch nicht in einem Stadium, die es dem windowsgewohnten Normalnutzer erlaubt, sie sich zu installieren.
Da es aber grade für Windowsanwender von wesentlicher Bedeutung ist, daß eine Daten-Rettungs-CD, mit der nach dem Windows-Gau noch die wichtigsten Daten von der Platte gekratzt werden können, auf breiter und aktueller Hardware-Basis läuft, wird Sidux wohl künftig Kanotix in dieser Funktion ablösen. Wir werden weiter berichten, sobald hoffentlich einmal eine Live-CD von Sidux vorliegt.
(fuz)